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Haudegen
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LAMPEDUSA (Woche 20 / 2011)
Während wir uns über die FDP wundern, Lena bedauern und den Sieg der Grünen nicht begreifen, landen Boote und Schiffe an den Stränden im Süden Europas, beladen mit verzweifelten Menschen auf der Suche nach Nahrung, Arbeit und einem Ort, an dem sie sicher und in Freiheit leben können.
Lampedusa, eine Insel vor Sizilien, für manche zum Inbegriff der Angst vor Flüchtlingen aus Afrika geworden, sendet uns noch eine andere Botschaft.
Ein Dorf in den Bergen, entleert durch Not, Einsamkeit und der Suche nach Arbeit, wird bewohnt von wenigen Alten. Kein Laden, kein Arzt, kein Lokal. Das Leben hat den Ort längst verlassen für eine bessere Zukunft im Norden. Die Alten werden sterben, wo sie geboren wurden. Die Häuser verfallen.
Da bittet der Bürgermeister darum, Flüchtlinge aufnehmen zu dürfen. Er will weniger Geld für die Aufnahme der Fremden, als der Staat ihm zu zahlen bereit ist, also erteilt man ihm gern die Erlaubnis. Und was eben noch verlassen, verfallen und verloren in der Sonne zu verglühen schien, blüht auf zu neuem Leben.
Da kommen Kinder, Arzte, Kaufleute, Handwerk, Kultur. Die Neuen bauen selbst auf, was verfallen war. Läden und Lokale entstehen. Überall sieht man Kinder, junge Familien, schöne Frauen und Männer, und die Dankbarkeit, sich gefunden zu haben. Die Alten werden umsorgt, eingeladen und als Großeltern verehrt. Jede Woche wird gefeiert, getanzt, quer durch alle Nationen, aus Freude, am Leben zu sein, gemeinsam. Das Fernsehen kommt und verbreitet die Botschaft um die Welt.
Weitere Dörfer haben schon Flüchtlinge zur Rettung ihres Lebens aufgenommen.
Und etwas in uns sagt uns: Wie wunderbar.
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Mit freundlichem Gruße!
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26.05.2011 16:10 |
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Haudegen
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AUSGEPARKT (Woche 21 / 2010)
Habe im Parkhaus 14.50 bezahlt. Von morgens neun bis mittags drei. Das ist günstig. In New York musst du dafür einen Wochenlohn geben. In London lassen sie dich ohne Maut nicht in die Stadt und Parken kann sich dort sowieso nur jemand leisten, der einen Parkplatz von seinen Ahnen geerbt oder durch Erpressung geschenkt bekommen hat.
Ich habe in Stuttgart geparkt. Rathausparkhaus. Gilt als lausig, überteuert und Abzochstation, aber das steht nicht an der Einfahrt. 14 Euro 50, das sind in richtigem Geld fast 29 Mark. Und egal wie schön Stuttgart ist, bei diesen Preisen gefällt mir es woanders besser. Die Botschaft solcher Gebühren ist einfach: Komm mit S-Bahn oder Zug. Ist dirs zu teuer, zeitlich nicht möglich, bleib zu Hause oder fahr aufs Land.
Gut. Treffe ich mich eben im Breuningerland in Sindelfingen mit Freunden. Dort haben sie die Innenstadt in ein Haus gebaut und über 3000 Parkplätze umsonst darum geteert. Muss da auch keinen Button gegen Juchtenkäfer oder für Baumbesetzungen tragen. Da stirbt nichts aus und die Bäume sind echt aus Plastik. Draußen sitzen heißt da vor den Läden in Cafes das Licht in Scheiben genießen. Trocken, vollklimatisiert, gar die Toiletten sind umsonst, weder Sanifair noch ein Teller-Inder müssen bezahlt werden. Hab nur ein Problem: Wie haue ich die gesparten 14.50 auf den Kopf? Für Spaghetti, Vino, Cappuccino oder ein Buch über Stuttgart?
Klar fehlt mir da die Demo, das neue Schloss, der Feinstaub und eins auf die Fresse in der S-Bahn. Aber wer sparen will, muss ab uns zu auf die schönen Dinge des Lebens verzichten.
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Mit freundlichem Gruße!
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04.06.2011 12:46 |
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Haudegen
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HOFFNUNGSLOS (Woche 22 / 2011)
Kennen Sie das auch? Man kann sich gerade über nichts wirklich aufregen. Gut der Bahnchef ist sauer und will endlich weiterbauen. Wegen mir kann er nicht. Der Vulkan ascht mal wieder, aber ich kann doch nicht deshalb extra wo hinfahren, wo der Flieger nicht geht, nur um sauer zu sein.
Dass unsere neue Ministerin eine pädagogische Ausbildung für Gymnasiallehrer will, stört mich auch nicht. Wen das nervt, der muss schon im Verzweiflungsnotstand sein. Und ob Barcelona oder Manchester die Championsleague gewonnen hat , geht den meisten sowieso unterm Knie durch.
Gut, über die Situation in Griechenland und die Euroschwäche könnte man sich sorgen, aber das soll ja erst im Juli richtig ernst werden. Wozu dann jetzt schon schlechte Laune kriegen? Regt man sich ins Leere hinein auf.
Die Lage der CDU ist auch nicht unbedingt, was die Stammtische zum Kochen bringt. Regt man sich halt über den Nachbarn oder die Familie auf. Bringt mir aber auch nichts. Der Nachbar ist im Urlaub und die Familie zu harmonisch.
Bleibt noch der Virus. Aber Gurken, Tomaten und Salat sind sowieso nicht so mein Ding. Ess ich nicht, egal woher es kommt.
Nicht mal das Wetter ist schlecht. Es ist hoffnungslos. Der schönste Mai seit Jahren. Klar kann ich mir es jetzt einfach einmal gut gehen lassen. Oder noch schlimmer, mich wohlfühlen. Aber daran muss ich mich auch erst mal gewöhnen. Wenn das so weiter geht, fang ich noch an, wildfremde Leute leiden zu können. Aus Langeweile.
Irgendwie läuft da gerade etwas völlig aus dem Ruder.
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Mit freundlichem Gruße!
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09.06.2011 14:03 |
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VOLL VERSAMMELT (Woche 23 / 2011)
Jetzt reden die auch noch mit dem Volk. Auf dem Rathausplatz in Stuttgart: Volksversammlung nennt sich das. Vorbild ist Athen. Demokratie wie damals vor der Eurokrise. Dreitausend Jahre alt. Von toten Griechen halt.
Jedenfall sprechen jetzt die neuen Regierenden mit dem Volk. Also mit sich selbst. Führen Selbstgespräche. „Wir erklären uns, also euch, was ihr, also wir, wollen, aber nicht können, damit wir, also ihr, versteht, warum ihr, also wir, nicht bekommen, was ihr, also wir, wollen.“
He, die reden mit dem Volk. Von acht Millionen Bürgern waren schon mal dreitausend da. Du kannst sogar Fragen stellen. Egal was. „Wann kommt der Mappus wieder? Gibt’s jetzt Freibier?“ und „müssen wir noch länger Steuern zahlen?“
Okay, du musst dann nach Stuttgart fahren, von Freiburg oder Ulm, Biberach, Ravensburg, Konstanz, Lörrach, Freiburg, Karuh, Mannheim oder Degerloch.
Okay, das kostet. Aber Demokratie heißt eben, du darfst frei sagen, dass du nicht zahlen willst, aber zahlen musst du trotzdem. Dafür schwätzt der Miniprä in Stuttgart noch analog mit dir.
Ich sag dir, in einem kalben Jahr fährt der Landesbürger mit dem Fahrrad zur Verkündung und die Volksversammlung wird zum Trebbeltreff. Aber bis jetzt redet er nur in Stuttgart mit dem Bürger. Wer´s hören will, soll kommen.
Die Frage bleibt. Gibt’s die neue Demokratie auch andernorts? Kommt in unsre kleine Stadt, sagt uns, wer was an der Waffel hat.
Und alles singt: “Kretschmerleeee, an mei´m Fahrrad ist der Trebbel hee“ und so wie ich des hier jetzt seh´, bleibt er au hee, trotz erkläreeee!“
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Mit freundlichem Gruße!
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21.06.2011 14:39 |
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WIR SEHEN UNS WIEDER (Woche 24 / 2011)
Es gibt Tage, da passiert genau das, wovor du dich immer gefürchtet hast. Da stirbt sich jemand aus deinem Leben. Du kannst es weder begreifen, noch fassen und fühlst dich, als hätte dir jemand mit dem Hammer vor den Kopf gehauen. Alles um dich herum läuft nur noch wie im Film ab. „Ist das wirklich oder träum ich das alles?“
Aber wann und wo du auch aufwachst, es ist immer noch so, wie es ist. Jemand ist gegangen.
Selbst wenn man sich darauf vorbereiten kann, es haut dich trotzdem um, wenn es soweit ist.
Wie bei Dieter: „Wir sehen uns wieder!“ ließ er uns, seinen Freunden, ausrichten, die gekommen waren, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. „Wir sehen uns wieder!“ das klingt nach, wie ein Echo, klingt herüber und ertönt jedes Mal, wenn wieder jemand gegangen ist.
Manche gehen ohne Abschied. Wie Reinhard. Hätte ihm gerne gedankt. Für alles was er mir beigebracht hat. Für alle Zeit, die er mir geschenkt, dabei zugehört, mir Rat und Halt gegeben hat.
Heute danke ich gleich. Trage das Herz auf der Zunge. Nicht alle können damit umgehen, aber Dank hat noch keinem geschadet.
Da sein für Menschen, die gehn. Da sein für Menschen, die zurückbleiben. Fragen ob Hilfe erwünscht ist. Es ist einfacher abgewiesen zu werden, als später gefragt zu werden: Warum warst du in diesem Moment nicht für mich da?
Wer dir in so einer Situation beisteht. Zuhört, ist wie die Hand, das Ohr oder der Mund eines tröstenden Engels.
Vor allem eines hat mich der Tod gelehrt: Jeder Moment mit Dir ist kostbar.
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Mit freundlichem Gruße!
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02.07.2011 13:50 |
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RADAREIMER (Woche 25 / 2011)
Erzählt der mir, in Schwäbisch-Gmünd sehen dich die Mülleimer an. Wo früher mal der Abfall hauste, wohnt heut ein Radarknipser. Du grüßt freundlich den Eimer, denkst dort tanzen gebräunte Bananenschalen, singen ausgewaschene Joghurtbecher, frohlocken Tomatenreste ihrem Zerfall entgegen, dabei sitzt da der Radar und lacht sich eins in den Eimer, Wahnsinn, jetzt knipst dich schon der Restmüll.
In Aalen lebt die Kunst am Straßenrand. Da skulpturt Holz und Metall auf dem Bürgersteig. Freudig vorbeifahrend freust du dich über Kultur auf Asphalt, dabei fotografiert dich die Fichtenholzvenus mit drei Punkten nach Flensburg. Wenn das so weitergeht, radart dich bald jedes Verkehrszeichen in den Überziehungskredit und das Ortsschild bucht dir das Konto leer. Wenn du durch solche Orte fährst, hörst du die Stadtkassen durch die Gassen lachen. Bald müssen wir noch Maudgebühren berappen, nur um die Erlaubnis zu erlangen, in Radarfallen fahren zu dürfen. Klar wenn man sich mal an die Teile gewöhnt hat, kann man nicht mehr ohne leben.
Vor kurzrm wurde ich mal wieder zu einer Blitzspende aufgerufen, weil ich in einer verkehrsberuhigten Zone schneller als sieben Kilometer war. Dabei hat ich nicht mal den Motor an, hab´ mich von Passanten schieben lassen. Da ist jeder Fußgänger schneller, der vor Ladenschluss noch ein Brot zum halben Preis kaufen will.
Aufhören zu fahren geht auch nicht. Bist du schuld, wenn Städte pleite gehen und Kindergärten geschlossen werden, nur weil du keinen Bock mehr auf Radar hast?
Was soll`s? Ich gebe gern. Ist für einen guten Zweck und fördert die Fantasie der Kontrolleure.
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07.07.2011 18:14 |
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WEGGETRETEN (Woche 26 / 2011)
Und ich habe gedacht: Sind die Grünen dran, wird alles noch besser. Stimmt ja auch. Jetzt werden Polizisten verhauen. Sind selbst schuld. Die Polis haben so lange auf der Demo provoziert, bis sie eins in die Fresse bekommen haben. Sagt unser VerkehrsMiniWinni, der grüne Hermann. Am Bahnhof wurde mehr als eine Million Euro zertrampelt, und für Winni the Hermann sind die Anderen schuld.
Die Polizei hat alles zerprovoziert. Wahrscheinlich fordert deshalb der SPD-InnenMini Gall, die Polizisten sollen nummeriert werden, um deren Vergehen zu ahnden. Können wir allen gleich Zahlen aufs Hemd tackern. Und nach der Demo werden die Nümmerchen ausgetauscht.
Grün heißt eben: „Verantwortung übernehmen!“ Gleich nach Amtsantritt meinte der Hermann Winni: Falls S21 gebaut wird, müsse er das Projekt an ein anderes Ministerium abgeben. Super grün! Demokratie zu verschenken. „Ich mach, was mir Spaß macht, den Rest schenk´ich den Roten.“
Der MinniPrä, unser Winni-Kretsch-Gandhi, hat derweil zum friedlichen Wandern aufgerufen und alle gebeten, dabei nichts kaputtzuzmachen.
Ging daneben, ist aus dem Ruder gelaufen. Ist dem echten Gandhi auch passiert. Nur hat der sofort die Verantwortung dafür übernommen. Bis die Unseren mit Schuld verteilen fertig sind, ist der Neuschnee kalt und der Nobelpreis verrostet.
Das haben die Neuen von den Mappussen gelernt: erst rumeiern und dann wissen von nichts.
Das macht die SPD wütend. Warum denn? Alles wird gut: Wir haben doch eine Win-Win-Situation, eine Winfried-Winfried-Situation, da gewinnen alle. Bleibt nur noch die Frage: „Was ist der Preis?“
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14.07.2011 16:39 |
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SALT LIKE PRETTY (Woche 27 / 2011)
Komme vom Tankstellen-Bäcker, habe mir eine Brezel geholt. Die deutschen Baller-Frauen sind gerade gegen Japan ausgeschieden und ich muss dringend wo reinbeißen. Was ich auf der Brezel vorfinde, würde einen Menschen aus dem Mittelalter reich machen: Salz im Kilo. Ich zähle 247 Salzkörner. Jedes groß genug, um den Tagesbedarf eines lieben Chinesen zu decken.
Wieso Chinesen? Ganz einfach: Viele dieser gelaugten Brezelheimer werden als Rohlinge in China verschlungen, also geknüpft, tiefgefroren und dann zu uns containert. Wer,wann,wo das Salzgebirge auf den Backwahn streut, weiß ich nicht, ich weiß nur: Das sind keine Brezeln mehr . Das sind Trinkfallen. Du säufst danach wie ein Kamel nach dem Trip durch die Sahara. Oder du wirst zum Rubbelkönig. Nur: Wohin mit dem Salz? Beim Autofahren kannst diese Chinaknoten nicht entsalzen, das Zeug liegt im Auto rum. Zum Fenster raus geht nicht, verstößt gegen den Umweltschutz. Dann eben in den Aschenbecher. Als ich in die Gelaugte beiße, schmecke ich: Salz ist nicht das einzige Problem. Habe jetzt einen Altmeister entdeckt, der nach altem Rezept die Teile backt, lange genug, dass die Ästchen knacken, die Kruste so fest, dass man das Reinbeißen hören kann. Öffnest du danach den Mund, springt dir die Brezel nicht wie ein Marshmellow zurück in die alte Form, ohne auch nur die Form eines Bisses in sich zu tragen, nein, du hast ein Stück Heimat im Mund, für dich allein, ein kleines Erinnern an eine Zeit, als nicht auf allem „Made in China“ stand und Pappe noch keine Geschmacksrichtung war.
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04.08.2011 10:19 |
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